Snowcanicross in Inzell

Mit dem Schlitten kann ja jeder...

 

Eines Tages schaute ich so ahnungslos in mein Email-Postfach und siehe da, eine Email von Bernd, das konte nur was Gutes und meist Verrücktes bedeuten, also schnell geöffnet und gelesen. Ein Canicross Rennen auf Schnee und typisch Bernd sollte es nicht nur einmal um den Campingplatz gehen, sondern viele Kilometer mit ordentlich Höhenmeter durch wunderschön verschneite Landschaften. Klingt gut und ehe ich mich versah hatte ich mich angemeldet.

Und jetzt, ein bisschen Training wäre nicht schlecht. Das hieß für uns, so oft es während dem Unilernstress ging, raus mit den Hunden zum Laufen. Aber leider waren es im Training nie so viele Kilometer und Höhenmeter wie uns beim Rennen bevorstehen würden, aber das wird schon werden....

 


Tja und da das Leben manchmal so Zufälle bereit hält kam dann auch noch Fala in mein Rudel geschneit. Ein Flummi ist ein Dreck dagegen. Ein Tag nach ihrer Ankunft ging es nach Inzell, na hoffentlich geht das gut... keine Ahnung wie die Kleine auf Camping und dauerhaft an der Leine sein reagiert. Vorsorglich noch Stakeout Leinen aus Stahlseilen gemacht, dies entpuppte sich als weise Entscheidung.

 

 

Ankunft in Inzell, und es lag Schnee. Ich war im siebten Winterhimmel. Papa und ich bezogen unseren Wohnwagen und pflasterten den Gang im Wohnwagen mit Hundekissen, die dann nach einigem Hin und Her gewechselt alle einzeln belegt waren. So weit schon mal alles ok, auch Fala war brav. Puuh Glück gehabt, aber Filou und Riis sind halt auch zwei gechillte Vorbilder.


Nach einer Nacht mit zwei Pinkelpausen für Fala klingelte der Wecker, boah war ich müde, aber was soll‘s. Hunde raus und füttern, frühstücken, Startnummernausgabe, Rucksack packen, nochmal nach kontrollieren ob ich alles dabei hatte und langsam zum Start gehen.
Wir waren bei der Premiere des Snowcanicross nur 4 Teilnehmer, nach dem ein paar andere Läufer irgendwelchen Viren und Bakterien erlegen waren, inklusive Bernd, der laut eigener Aussage, nicht einmal transportfähig war, um zumindest zuzuschauen.
Punkt 9 Uhr gab es den Startschuss zu unserem „Massenstart“. Wir ließen es ganz gemütlich angehen und liefen erst mal ganz hinten, wir hatten ja noch einige Kilometer vor uns, da war Kraft einteilen angesagt.
Aber noch auf den ersten 5 ebenen Kilometer überholten wir Gerald mit seinem Setter und liefen mit Flo und seinen Malamutes bis zur ersten Steigung. Dort setzten wir uns dann nach vorne ab und erarbeiteten uns langsam Höhenmeter um Höhenmeter. Es lief in wahrsten Sinne des Wortes. Kilometer um Kilometer nahmen wir unter die Füße und Pfoten. Nur meine Finger, die überlegten sich einzufrieren, ich hoffte auf die wärmende Sonne. Der geniale Trail in wunderschöner Landschaft lenkte von den kalten Fingern ab. So langsam verzog sich auch der Nebel und die Sonne kam raus und alles fing an zu glitzern. Das ist der Moment wo ich wusste warum ich hier mitgelaufen bin und ich Bernd danken muss, dass er so eine genial-verrückte Idee hatte und den Snowcanicross in Inzell ins Leben gerufen hat.  


Ich lief ohne Zeit oder Druck einfach so mit Riis als Team vor mich hin. Den Trail hatte ich mir davor auf der Karte angeschaut und hatte deswegen so einen groben Überblick wie weit ich schon gelaufen war und Uhren werden definitiv überbewertet, ich war ja nicht auf der Flucht. Auch die Trailführung war schön und abwechslungsreich und selbst für Läufer keinesfalls langweilig. An einer Kreuzung bogen wir ab und sahen, dass von hinten ein Gespann kam. Wir warteten an der Seite und wollten das Gespann passieren lassen, nur der Leithund hatte sich irgendwie in Riis verschaut, das gab dann erst mal ein Chaos. Als es dann endlich weiter ging, ging es aber erstmal wieder bergauf und da wir eigentlich nicht langsamer sind als das Gespann liefen wir in einem gleichbleibendem Abstand hinterher, dies irrietierte die Hunde aber und sie schauten die ganze Zeit zu uns zurück. Das ging etliche Kilometer so, bis endlich eine lange Bergabstrecke kam und wir wieder für uns alleine durchs Winterwonderland liefen. Riis lief wie eine Eisenbahn, konstant im Zug vornweg und zog weder zu stark, so dass man bremsen müsste, noch zu wenig, sodass man auch ohne Hund hätte laufen könnte. Und dabei war sie ganz konzentriert und arbeitete schön nach vorne, dies ist so ein Moment wo einem das Herz aufgeht und ich einfach nur stolz war was ich bis jetzt mit ihr erreicht hatte.

Sie wird zwar nie die schnellste sein aber dafür arbeitet sie viele Stunden lang sehr konzentriert und achtet auf jedes kleine Kommando.

 

Und irgendwann näherten wir uns langsam aber stetig dem Ziel. Wir beide waren noch richtig gut in Tritt. Dabei hätte ich gedacht, dass es zum Ende hin deutlich zäher wird. Einige Gespanne überholten uns noch, bei denen Riis es vorzog am Wegesrand zu warten und sich das ganze aus sicherer Distanz auszusehen. Doch von Mal zu Mal wurde sie sicherer und am Sonntag lief sie sogar schon vor mir weiter. Dann war auch schon das Ende des Waldes erreicht und es ging erst mal extrem steil bergab, jetzt war ich gerade sehr froh auf meinen Füßen unterwegs zu sein und nicht auf Ski oder einem Schlitten...


Der Trail führt uns noch in einigen Schlaufen über das Feld zurück zum Start/Ziel. Es standen sogar einige Zuschauer entlang der Strecke um uns auf den letzten Metern anzufeuern. Mit dem Ziel schon in der Nase liefen sich die letzten Kilometer wie von alleine und wir konnten sogar ein kleines 2er Gespann überholen. Von wegen zu Fuß ist man langsam...

Und da ist es endlich, das Ziel. Ich war überglücklich und so stolz auf mein Mädchen, dass hiermit definitiv bewiesen hat, dass jeder Hund eine zweite Chance verdient hat und genauso, dass Hounds durchaus gute Ausdauerläufer sind. Vor lauter Freude hatte ich ganz vergessen zu schauen wie schnell ich war, ich wusste nur, dass ich deutlich schneller war als ich gedacht hätte.

Am nächsten Tag erfuhr ich dann, dass ich für die 28km und 800hm insgesamt 2h54min benötigt hatte. Dies habe ich mir davor nicht mal ansatzweise vorstellen können, da ich davon ausgegangen war, deutlich länger unterwegs zu sein.

 

Am Nachmittag saßen wir gemütlich in der Sonne und haben Chaitee und Kuchen gegessen. Dabei die Beine hochgelegt, damit diese morgen hoffentlich nochmal so schnell laufen können.

Fala entpuppte sich als richtiger Campingprofi. Sie lag schon genauso gechillt auf ihrem Kissen in der Sonne wie die anderen zwei. Und auch die Tatsache die ganze Zeit angeleint zu sein, störte sie nicht wirklich.

Am Abend gab es noch einen total schönen und gemütlichen Musherabend in der Scheune, bei dem einer der Starter schon ankündigte, dass er morgen nicht mehr starten würde.

 

Um morgen wieder Fit zu sein, ging ich zeitig ins Bett, denn schon heute fühlte sich alles etwas steif an.

 

 

Am nächsten Morgen machten sich diverse Muskeln bemerkbar, auch solche Muskeln bei denen man denkt, dass man die zum Laufen nicht braucht, wie zum Beispiel die Schultern, bis mir einfiel, dass das am Rucksack liegen muss. Nach einem stärkendem Frühstück und dem restlichem Morgengedöns ging es wieder zum Start. Gerald beschloss ebenfalls nicht mehr zu starten, bei Ihm war wohl der Muskelkater zu stark. Also waren wir nur noch zu zweit. Petra und ich. Allerdings fühlten sich meine Beine auch nicht so berauschend an, aber aufgeben kam für mich nicht in die Tüte, da bin ich dann doch zu ehrgeizig. Ich wollte auch diesen Tag finishen. Die Zeit war mir dabei zweitrangig, da ich ja nur zum Spaß dabei war.

 

Pünktlich fiel der Startschuss und ich hoffte, dass sich meine Beine möglichst schnell wieder einlaufen würden. Aber irgendwie wollten sie nicht so wie ich mir das vorgestellt hatte, noch dazu beschloss meine Lunge, dass sie so was wie nen Muskelkater hatte, keine Ahnung ob das geht, aber meine Lunge kann das... Also die erste Steigung hochgegangen, bääh ich fand es gerade etwas ätzend und dachte mir, warum musste der Bernd auch auf die Idee kommen, dass man zwei Tage in Folge so lange laufen muss. Aber ich wollte es ja unbedingt durchziehen, also Zähne zusammen beißen und weiter laufen. Allerdings erlaubte ich mir, die gesamte erste Steigung zu gehen und dann oben erst wieder los zu joggen.

Geschafft! Der innere Schweinehund war überwunden und ich lief wieder. Nach weiteren 1 oder 2 km lief es wieder rund, wir waren wieder im Tritt, auch dank einem Stück Schoki. Die nächsten Steigungen nahmen wir wieder joggend in Angriff. Und ehe ich mich versah waren wir am hintersten Punkt, mit dem schönsten Stück Weg, angelangt und hängten uns für einige Zeit an eine Skijörerin dran, bis es wieder bergab ging.

Unterwegs machten wir 3x kurz eine Pause um meine selbstgemachten Energiepowerkugeln zu essen, und ein Stück ebenfalls selbstgemachter Schokolade hinterherzuschieben. Schokolade soll ja bekanntlich schmerzhemmend sein und Glücksgefühle auslösen, diesen Zweck hat sie definitiv erfüllt.

Am Sonntag sind wir von deutlich mehr Gespannen überholt worden und Riis wurde mit Mal zu Mal souveräner. Sie ist zwar noch weit davon entfernt, einfach so gerade weiterzulaufen, aber bei ihrer Vergangenheit und ihrem Charakter bin ich so stolz auf sie, wie viel mutiger sie innerhalb dieses Wochenendes geworden ist.

Meine Beine merkte ich zwar immer noch, aber es war erträglich weswegen wir wieder in einem flotten Trab unterwegs waren. Ehe ich mich versah kam auch schon das Ende des Waldes in Sicht und uns stand nur noch das Feldstück auf der sehr guten und selbst zu dieser Uhrzeit noch harten Loipe bevor. Als das Zieltor ins Blickfeld rückte haben wir nochmal einen Zahn zugelegt und sind nach exakt 3h im Ziel angekommen. Das war deutlich schneller, als ich heute morgen nach dem Start gedacht hätte, da mir der gestrige Lauf doch noch ganz schön in den Beinen gesteckt hatte.

 

Jetzt im Ziel war ich einfach nur glücklich es zusammen mit Riis geschafft zu haben und nochmal enger als Team zusammengewachsen zu sein.

Nach einem genialem Mittagessen in der strahlenden Sonne gab es recht zeitig die Siegerehrung und Riis wurde bevor es losging von den anderen Mushern mehrfach als GTH indentifiziert, dabei kam ich mir vor, wie mit nem Promi an der Leine. Aber das ist auch eine Möglichkeit mit netten Leuten ins Gespräch zu kommen, bis dann die Siegerehrung losging.
Wir erreichten den zweiten Platz hinter Petra Bergauer, die die Strecke in einer Wahnsinns-Zeit gelaufen war. Aber auch wir haben unser Ziel, es überhaupt zu schaffen, mehr als erreicht und freuen uns schon auf die Wiederholung im nächsten Jahr, bei der wir garantiert wieder am Start sein werden. Allerdings werden wir davor noch mehr trainieren um dem schleppenden Start am zweiten Tag entgegen zu wirken.

 

Mein großer Dank gilt Bernd Spring, der diese verrückte Idee hat und das ganze organisiert und auf die Beine gestellt hat ebenso wie Christina, die dann für den kranken Bernd als Organisator eingesprungen ist, damit der Snowcanicross doch stattfinden konnte. Und ebenso dem Schlittenhundeverein Bayern e.V. ,dass sie sich auf die Premiere, dieses doch etwas ungewöhnlichen Laufes eingelassen haben.

Es war einfach nur ein harmonisches miteinander egal ob Gespannfahrer, Skijörer oder Läufer. So ein MD bzw. LD Rennen ist von der Atmosphäre einfach nicht mit einem Sprint Rennen zu vergleichen. Es ist einfach alles viel relaxter.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Peter (Dienstag, 14 Februar 2017 14:13)

    Toller Bericht, Hammer Leistung, tolle Fotos ! #weiterso ;-)